GLEICHMUTPROBEN - Innere Stille, Gleichmut und Scheitern mit Leander Greitemann und Alexander Metzler
Leander Greitemann und Alexander Metzler kommen mit GLEICHMUTPROBEN LIVE am Wochenende nach Stuttgart. Im Zuge dessen haben wir uns am Dienstag zu einem Instagram Live Video getroffen. Hier berühren uns die beiden mit ihren Handpan Klängen und teilen spannende Insights in ihre Leben als Speaker und wie das Feld der Persönlichkeitsentwicklung sie in ihrem Alltag begleitet. Gemeinsam sprechen wir über Innere Stille, das Proben von Gleichmut und den Umgang mit Scheitern.
Euer Handpan Spiel war total berührend. Was macht das Handpan spielen für euch so besonders und was bedeutet es für euch?
Leander: Wir sprechen ja ganz viel über diese Haltung, mehr zur inneren Ruhe und in den Einklang mit sich selbst und mit anderen zu kommen. Da ist die Handpan ein Zugang neben ganz vielen anderen. Am Ende geht es darum, diesen Zustand nicht nur zu haben, wenn man die Handpan hört, sondern eben auch, wenn man sich vielleicht grade mit seinem Chef, mit seinem Partner oder seiner Partnerin streitet. Vielleicht würde Handpan Musik auch in diesen Situationen helfen, weil es einfach so verwirrt und den Streit entweder eskaliert oder beendet (lacht), aber manchmal geht das eben nicht. Das dann trotzdem in sich zu tragen, dieses Geräusch, darum geht es uns.
Alexander: Die Handpan ist letzten Endes ja auch ein ganz toller Fingerzeig auf das Thema Stille. Wir leben in so einer modernen Zeit, jede*r hat ein Smartphone, jede*r hat nonstop immer Entertainment um sich rum, man kann sich ständig geistig und mental beschallen. Was ist tatsächlich das wichtigste am Handpan spielen? Das ist die Stille. Da, wo man nicht spielt, das gibt erst die Bühne und den Raum für die Töne und die Noten, die entstehen. Das ist ein Fingerzeig dafür, wie wichtig es auch ist, Stille in unseren Alltag zu bringen, Stille in den Kopf reinzubekommen, die Gedanken mal einfach nur zu beobachten und nicht ständig zu bewerten. All das kann Zugang sein und all das werden auch Themen sein, die wir an dem Abend bespielen werden.
Leander: Und dieser Ort der Stille in uns ist ja immer da, auch wenn darüber manchmal Gedanken jagen und wenn es draußen laut ist. Dazu einfach immer wieder Zugang zu haben, zu diesem Ort der Stille - darum geht es.
Wie schafft ihr in eurem Alltag Momente für Stille?
Alexander: Ich baue das tatsächlich immer ganz bewusst ein, indem ich, wann immer es geht, raus gehe. Sei es - das klingt jetzt nicht nach Stille - um ein Telefonat draußen zu führen, im Vergleich dazu, ein Telefonat vor meinem Rechner zu führen. Wenn das Gespräch dann zu Ende ist und ich stehe in dem kleinen Park, in dem kleinen Garten, an dem Feldweg oder an der kleinen Grünstelle, an der ich wohne, dann habe ich den Kopf frei und dann sehe ich vielleicht den Mohn, der da rot leuchtet oder die Hummeln, die fliegen. Dann habe ich wieder einen ganz kurzen Moment von: „Ahja, es gibt noch etwas anderes als die To Do Liste, als die Kundentermine, als die Leistung, da ist noch eine andere Welt, die auch wichtig ist“ und die gilt es eben wahrzunehmen. So kann man sich ganz kleine Inseln am Tag schaffen, die wahnsinnig wertvoll sind.
Leander: Seitdem ich die Handpan kennengelernt habe, ist das für mich auch einfach ein totaler Ort der Stille. Klar geht es da auch mal darum, viele Töne zu spielen, eine Technik zu lernen oder einen Takt zu verstehen. Der wichtigste Zugang für mich persönlich ist aber, tatsächlich zu fühlen und diese Stille und diesen Raum zu haben. Die Art, wie ich spiele, ist, mit einer Dynamik zu gehen und die Schönheit jedes einzelnen Tons zu wertschätzen. Ich sage auch immer zu Teilnehmenden von meinen Workshops: „Du darfst damit spielen.“ 90% der Zeit, die ich mit der Handpan verbringe, ist eigentlich Meditation, ist Spiel, ist das Genießen von einer inneren Stille gefüllt mit diesen Handpan Klängen. Insofern ist das auch die ganz konkrete Möglichkeit am Sonntag, für alle, die das mal kennenlernen wollen, das auch auszuchecken.
Ihr seid ja noch viel mehr als Musiker. Was macht ihr neben der Musik und was beschäftigt euch darüber hinaus?
Alexander: Uns beide verbindet die Leidenschaft, vor Menschen zu speaken und zu inspirieren. Wir beide behandeln lebensphilosophische bis spirituelle Themen, also Dinge, bei denen wir in unserem Leben festgestellt haben, dass sie einfach viel gebracht haben. Ich habe zum Beispiel viele Jahre mit einer schweren Depression zu kämpfen gehabt, die für mich so die Türen in diese Welten geöffnet hat. Dann habe ich einen Podcast über das Thema gestartet und irgendwann sind Leander und ich uns begegnet.
Meine Frau war auf einer Veranstaltung von ihm und hat gesagt: „Hey, du musst dir den mal anschauen, der macht das selbe wie du, nur in jung“ (lacht). Dann sind wir hier am Rhein spazieren gegangen und haben uns ein bisschen ausgetauscht. Daraus ist dann eine Freundschaft entstanden, das Handpan spielen kam in unser Leben und wir haben viele Ähnlichkeiten festgestellt. Das mündete dann in unseren gemeinsamen Podcast und der ist dann irgendwann vom Podcast Format auf die Bühne geschwappt, um das ganze mit Live Publikum zu machen. Wir machen Impulsvorträge, es gibt Lesungen, Leander hat ja zwei Bücher geschrieben, wir machen lyrische Beiträge, wo wir immer noch nicht so genau wissen, was das eigentlich ist, aber das behaupte ich einfach, dass das Lyrik ist (lacht).
Leander: Was uns auch total verbindet, ist unsere gemeinsame Freude am Sprechgesang. Alex hatte in den 90ern einen Label Vertrag für Hiphop, ist da zwar nie richtig durchgestartet, aber hat damals auch schon gerappt. Ich rappe auch mein Leben lang schon freizeitmäßig und das fließt auch in unsere Live Shows mit ein. Wir haben beide viele Seminare besucht, sehr viele eigene Erfahrungen gemacht, viel gelesen, viel geforscht. Die Essenz davon besprechen wir in unserem Podcast und geben darüber hinaus Seminare und Retreats. Das ist eigentlich auch unser Hauptberuf. Wir haben jetzt mit Musik angefangen, weil es schön war, damit zu starten, aber eigentlich kommen wir von den Inhalten beide von der Philosophie, von der Lebenshaltung, von der Spiritualität, Präsenz und Körperwahrnehmung. Die Musik kam dazu. Das ist auch garnicht mehr so richtig voneinander zu trennen und geht ineinander über. Genau diese bunte Mischung aus alldem freuen wir uns, zu teilen.
Euer gemeinsamer Podcast heißt „Gleichmutproben“. Wie probt ihr Gleichmut in eurem Leben?
Leander: Für mich geht es darum, diesen Gleichmut in Form von einer Haltung der inneren Gelassenheit, die ursprünglich aus dem Buddhismus kommt, im Alltag zu entwickeln und dadurch mehr Gelassenheit zu schaffen - von einem „Ich kämpfe gegen das Leben“ in ein „Ich fließe mit dem Leben“ zu kommen und mal zu schauen, was sich daraus ergibt.
Alexander: Viele Menschen, die anfangen, sich mit lebensphilosophischen oder spirituellen Themen zu beschäftigen, haben die Idee, man muss sich erstmal drei Monate lang in Kalkutta auf einen einsamen Berg bei einem Guru setzen. Ja, das kann man machen, das ist vielleicht auch keine schlechte Idee, aber auch im Alltag gibt es ganz fantastische Herausforderungen, an denen man Gleichmut proben kann (lacht). Wenn man mit dieser Haltung Dingen begegnet und aus dieser Haltung schaut: „Wo sind meine Triggerpunkte? Was macht das grade mit mir und wie kann ich damit in Zukunft eleganter umgehen?“, dann finde ich, dass sich einfach eine total neue Welt öffnet und das ist schön.
Leander: All diese Situationen, der Stau, die Person in der Bahn, die unfreundlich zu mir ist, der Streit mit der Freundin, all das sind Gleichmutproben, wo ich wirklich perfekt üben kann, bei mir zu bleiben, in meiner Mitte zu bleiben, über meine Bedürfnisse zu sprechen und zu kommunizieren - auch in dem Moment, in dem ich scheitere. Auch das ist wichtig.
Es geht nicht darum, dass alles immer perfekt klappt. Wenn ich merke, dass ich nicht im Gleichmut bin, dann ist meine Herausforderung, auch gleichmütig mit dieser Tatsache umzugehen. Selbst das gelingt mir nicht immer. Ich bin auch manchmal einfach nur genervt, aber dann ist die Frage, wie lange ich da drinnen bin und wie ich dabei mir mir umgehe. Beurteile ich mich dafür und mache mich fertig oder erlaube ich mir das und sage, auch das gehört dazu, auch das ist Teil des Lebens? Es geht garnicht immer darum, heilig und erleuchtet durch die Gegend zu schweben. Auch dunkle Gefühle dürfen gefühlt werden und sind Teil des Lebens. Vielmehr geht es darum, nicht die ganze Zeit einen Kampf gegen das Leben zu führen, sondern eher mit dem zu sein, was grade ist.
Persönlichkeitsentwicklung ist so ein großes Feld. Was ich bei euch total spannend finde, ist, dass ihr einen Blickwinkel auf das Thema einnehmt, der sehr menschlich und relatable ist. In eurem Podcast sprecht ihr über Leistung, Selbstwert, Vergebung und vieles mehr und zeigt euch auch verletzlich. Wie habt ihr diese menschlichen Zugänge zu euch selbst und zu diesen Themen gefunden?
Alexander: Ich glaube, dass es eine Entwicklung war. Als ich ursprünglich mit Persönlichkeitsentwicklung begonnen habe, hat mir das sehr geholfen, eine gewisse Struktur in meinen Tag zu bringen. Für mich war es hilfreich, verschiedene Tools auszuprobieren, Dinge aufzuschreiben und zu reflektieren und dann zu schauen, wie sie mir dienen. Mit der Zeit konnte ich so rauszufinden, was mir hilft und was ich wieder loslassen darf. Das ist kein Weg, der von jemand anderem vorgegebenen ist: „So und so hast du es zu machen und dann funktioniert es für dich auch.“ Das glaube ich, ist schwierig. Aber zu sagen, ich habe verschiedene Möglichkeiten, probiere die für mich aus und entscheide selbst, was mir dient und was nicht, das funktioniert für mich sehr gut.
Zum Beispiel habe ich nie aufgehört, morgens eine kleine Runde in der Natur zu drehen. Dabei werde ich wacher, profitiere von der frischen Luft um mich, von dem Grün, das ich sehe, von der Zeit die ich mir nehme. Wenn ich merke, dass so eine Struktur mir hilft, dann bleibe ich dabei. Es muss auch in deinen Lebensalltag passen. Ich habe mal mit jemandem zusammengearbeitet, der Bäcker ist, der steht morgens um 3 Uhr auf. Dem muss ich nichts von Morgenroutine erzählen, das passt einfach nicht in die Lebensrealität, aber auch da gibt es andere Möglichkeiten, die unterstützen können.
Leander: Ich finde, es ist ein großer Unterschied, ob man einfach nur ein Modell oder einen Kalenderspruch bringt. Alex und ich beschäftigen uns schon sehr lange mit diesen Themen. Unser Anspruch ist, das wirklich zu leben. Wir haben selber einfach viele tiefe Erfahrungen in unserem Leben gemacht und sprechen vor allem darüber und nicht über irgendein abstraktes Modell, das vielleicht cool klingt, das wir aber noch nie selbst probiert haben. Ich liebe diese Themen. Gibt es was Spannenderes? Das ist die Grundlage von allem. Wenn alle Menschen auf dieser Welt in innerer Klarheit und Frieden wären, dann sähe die Welt so anders aus. Ich glaube, dass die ganzen Schwierigkeiten von Menschen entstehen, die glauben, dass aus dem „höher, schneller, weiter“ das Glück entsteht, von Menschen, die sehr in ihrem Ego und sehr verletzt sind.
Alexander: Genau. Manche Menschen sind wenig verbunden mit anderen Lebewesen, sei es mit Tieren oder Mitmenschen. Sie sind komplett getrennt von dem Planeten, auf dem sie leben. Das klingt jetzt sehr spirituell, aber es gibt auch im Bio Hacking die ganz einfache Weisheit, wie gut das einfach tut, barfuß über eine Wiese zu laufen. Das kann man jetzt spirituell betrachten, aber du kannst auch jeden Arzt fragen, der sich mit Füßen beschäftigt und der wird dir sagen, dass barfuß laufen super ist, weil du da Muskeln benutzt, die du nie nutzt, wenn dein Fuß im Fußbett drinnen ist. Du spürst endlich mal das Gras, die Erde, Steine: Wie fühlt sich das überhaupt an? Das kann man spirituell betrachten, aus Bio Hacking oder aus gesundheitlicher Sicht und man kommt am Ende immer auf das gleiche Ergebnis: Dass es einfach gut ist, diese Dinge zu tun.
Leander und Alexander kommen am Wochenende nach Stuttgart für eine Live Show und zwei Workshops zum Thema Handpan und Persönlichkeitsentwicklung.
Wenn auch du dabei sein und dich von den beiden inspirieren lassen möchtest, melde dich jetzt an.
Text: Alexandra Lange , 31. Mai 2024